Mit PDMS die Qualität in der Intensivmedizin weiter steigern
In der zunehmend digitalisierten Gesundheitsversorgung stellt die Implementierung eines Patientendatenmanagementsystems (PDMS) für Krankenhäuser einen wichtigen Meilenstein dar. Wie funktioniert die Einführung eines PDMS aus Krankenhausperspektive, und welche kritischen Faktoren sind wichtig?

Einsatzbereich: Intensivstation vs. Normalstation
Die Frage nach dem optimalen Einsatzbereich erfordert eine differenzierte Betrachtung. Auf Intensivstationen ist der Nutzen besonders ausgeprägt durch hohe Datendichte und kontinuierliche Überwachung. Dennoch sprechen wichtige Argumente für eine umfassendere Implementation:
- Durchgängige Dokumentation ohne Medienbrüche bei Verlegungen
- Einheitliche Schulung für das gesamte Personal
- Langfristige Kosteneffizienz durch ein einzelnes System
Die unterschiedlichen Anforderungen müssen jedoch berücksichtigt werden: Intensivstationen benötigen umfassende Geräteanbindung, Normalstationen schlankere Lösungen.
Bei Einführung eines PDMS sollte der Fokus darauf gelegt werden, einen hohen Nutzen für Qualität und Kosten zu erzielen. Ein paar Beispiele:
- Fluidmanagement: Die automatische Erfassung von Infusionen bietet erhebliche Vorteile in der Dokumentationsqualität, was die Investitionskosten teilweise amortisiert.
- Beatmung: Die kontinuierliche Datenübertragung ermöglicht präzise Therapiesteuerung und frühzeitige Erkennung kritischer Veränderungen.
- Nierenersatztherapie: Hier ist die Kosten-Nutzen-Rechnung komplexer aufgrund kostenintensiver Schnittstellen bei gleichzeitig größeren Dokumentationsintervallen.
Herausforderungen bei der Implementierung
Die Einführung während des laufenden 24/7-Betriebs erfordert eine minutiöse Planung. Das Personal ist üblicherweise stark in die Versorgungsprozesse eingebunden, sodass Umstellungsarbeiten, Schulungen und nicht zuletzt ein unvermeidlicher temporärer Parallelbetrieb mit der bestehenden Dokumentationsmethode geeignet in den Tagesablauf eingebaut werden müssen. Als Medizinprodukt unterliegt das PDMS strengen regulatorischen Anforderungen,was zusätzlichen Aufwand durch Dokumentationspflichten und regelmäßige Überprüfungen zur Folge hat.
Eine Herausforderung bleibt die Integration zwischen PDMS und Krankenhausinformationssystem (KIS), schließlich ist zu gewährleisten, dass bei Überführung der Patient:innen von Intensiv- auf Normalstationen und umgekehrt die relevanten Daten erhalten bleiben. Aus Einführungsprojekten konnten wir das vor allem bei der verzögerten oder fehlenden Übertragung von Laborwerten feststellen. Weitere Problemstellen waren nicht synchronisierte Medikationspläne oder die manuelle Übertragung von Befunden, was aufgrund der dadurch entstehenden Medienbrüche zu Doppeldokumentationen und erhöhten Fehlerrisiken führen kann.
Die benötigten Personalkapazitäten werden regelmäßig unterschätzt. Neben der erforderlichen Mitwirkung der Intensivmediziner:innen und Pflegekräften sollte auch an die:den Medizinproduktebeauftragte:n und an die Bereitstellung eines 24/7-IT-Supports gedacht werden.
Außerdem ist ein funktionales Ausfallkonzept essentiell und sollte vor Pilotbetrieb beschrieben und bekannt sein. Es behandelt mindestens die Form der Ersatzdokumentation, regelmäßige Übungen des Umschaltprozesses, klare Entscheidungswege zur Aktivierung und definierte Nacherfassungsprozesse.
Kommunikation und Schulung
Ein umfassendes Verständnis über Möglichkeiten und Grenzen des Systems bei allen Beteiligten ist essentiell und erfordert:
- Klares Kommunikationskonzept mit Feedbackmöglichkeiten
- Iteratives Schulungskonzept für verschiedene Lerntypen
- Spezielle Schulungen für Schlüsselanwender:innen
- Auffrischungsschulungen nach Updates
Rollout- und Betriebskonzept
Ein strukturiertes Vorgehen hat sich bewährt:
- Prototyp auf einer ausgewählten Station
- Ausreifungsphase mit intensiver Begleitung
- Schrittweise Ausweitung auf weitere Stationen
- Kontinuierliche agile Weiterentwicklung
Das Betriebskonzept muss die Anforderungen an ein Medizinprodukt integrieren, einschließlich regelmäßiger Sicherheitsüberprüfungen und Nachverfolgbarkeit aller Änderungen.
Fazit
Die PDMS-Einführung ist ein komplexes Projekt, das bei richtiger Umsetzung erhebliche Vorteile bietet. Der Erfolg hängt von realistischer Ressourcenplanung, durchdachtem Konzept und kontinuierlicher Einbeziehung aller Beteiligten ab. Nur wenn technische Implementation, organisatorischer Wandel und regulatorische Compliance Hand in Hand gehen, kann das volle Potential eines PDMS ausgeschöpft werden.
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Unser Experte: Dr. Martin Glück (martin.glueck@moysies.de)